Seit Beginn der 1990er Jahre gab es im Bereich der Traumatherapie eine rasante Entwicklung, die einerseits beachtliche und hoch effektive Verfahren zu Tage brachte (EMDR, Brainspotting, Ego- State, PITT, IRRT, tfKVT, CIPBS/TRUST, SE, etc.), andererseits fast dem Charakter einer inflationären Flutwelle gleichkam. Umso erstaunlicher ist es, dass erst seit 2005 eine beginnende und intensivere Auseinandersetzung in der systemischen Literatur mit der Psychotraumatologie (trauma- therapeutischen Behandlungsverfahren, Traumafolgestörungen sowie neurowissenschaftlichen Erkenntnissen) zu finden ist.
Folgerichtig gab es auch in der klassischen traumatherapeutischen Fachliteratur nur wenig Berücksichtigung systemtherapeutischer Ansätze, die wiederum schon in den 70er und 80er Jahren durch S. Minuchin, S. Madanes und das Mailänder Team zur Geltung kamen.
Die Fortbildung soll dazu beitragen, eine Einführung in die Welt der klassischen und besonders der systemisch-integrativen Psychotraumatologie zu geben, systemische Konzepte und Methoden in der Arbeit mit den inneren und äußeren Systemen aufzuzeigen und darüber hinaus eine adäquate Haltung gegenüber traumatisierten KlientInnen als gleichrangige und autonome Kooperationspartner einzunehmen.
Zielgruppe:
Diese Fortbildung richtet sich an Fachkräfte aus dem sozialen und medizinischen Bereich mit/ohne zusätzliche Therapieausbildung, die mit dieser Klientel therapeutisch und/oder pädagogisch arbeiten, einen ersten Ein- bzw. Überblick über das traumatherapeutische/-pädagogische Arbeiten bekommen und ihren Fundus erweitern möchten. Insbesondere Module 1-3 sind für sozialpädagogische Fachkräfte ohne therapeutische Zusatzausbildung zum Einstieg für einen ersten Überblick zu traumapädagogischem Arbeiten geeignet.
InteressentInnen sollten für sich prüfen, dass ihre eigene derzeitige psychische Stabilität ausreichend ist, um in der Fortbildung keine „Fehlalarme zu erleben“ (= nicht getriggert zu werden).
Methodische Inhalte:
Diverse Übungen in den Bereichen systemische Neuro- und Psychoedukation, Ressourcenarbeit, Stabilisierungstechniken, Traumabegegnung (bzw. Konfrontation) sowie Psychohygiene. Des Weiteren Demonstrationen mit FB-TeilnehmerInnen als auch Filme/Bandaufnahmen aus der eigenen Praxis.
Lerngruppen:
Es wird empfohlen, während des einjährigen Curriculums Lerngruppen zu bilden, um sich während der Module zu treffen und die erlernten Inhalte einzuüben.
Wichtig:
Dieses Curriculum über 7 Module vermittelt die Grundlagen der systemisch-integrativen Traumatherapie. Sie kann keine Vollausbildung in einer den genannten Traumatherapieformen (EMDR etc.) ersetzen!
Curriculumsschwerpunkte:
Modul 1:
Theoretische Grundlagen
• Geschichte der klassischen und systemischen Psychotraumatologie
• Aktueller Stand der Psychotherapieforschung im Bereich Trauma
• Neurobiologie des Traumagedächtnisses (Traumamuster)
• Störungsmodelle (ICD-11, DSM-5) als posttraumatische Anpassungsleistung (Epidemiologie,
Komorbidität)
• Psychopharmaka bei PTBS
• Systemische und klassische Diagnostik und Differenzialdiagnostik von Traumafolgestörungen
• Exkurs: Bindung und Trauma
Modul 2:
• Traumaspezifische Behandlungsverfahren
• systemisch-individuelle Behandlungsverfahren
• Haltung in der (systemischen) Traumatherapie
• Methodische Ideen und Interventionen für die systemische und klassische Traumatherapie
und –pädagogik (I): systemische Psychoedukation; Umgang mit Dissoziation, selbstverletzendem
Verhalten und Suizidalität; systemische Triggerarbeit (Fehlalarme); Ressourcenarbeit;
Stabilisierungstechniken mit Externalisierung; imaginative Techniken
Modul 3: (inkl. Supervisionsfälle)
In diesem Modul soll es neben den weiteren Inhalten die Möglichkeit geben, eigene Fälle zur Supervision einzubringen, Übungen zu vertiefen und spezifischen Fragestellungen Raum zu geben.
• Methodische Ideen und Interventionen für die systemische und klassische Traumatherapie
und –pädagogik (II): TTT, Absorptionstechnik, körperbezogene Übungen
• Ego-State systemisch nach Watkins/Watkins: „Stabilisierung im inneren und äußeren System“
• Einbringen eigener Fälle, Fragen zu den ersten beiden Modulen und Wiederholungen/weitere
Übungen und Demonstrationen zu den bisherigen Inhalten
Modul 4:
• Systemische Traumatherapie (Hanswille): „Die systemisch-integrative Zeitreise beginnt“
• tfKVT/DBT (M. Linehan): „Ein kurzer Blick zur Achtsamkeit in der Verhaltenstherapie“
• PITT (L. Reddemann): „Distanzierung, Distanzierung, Distanzierung“
• IRRT (M. Schmucker): „Täter entmachten und Wunden versorgen“
Modul 5:
• Das innere Kind retten (G. Kahn): „Raus aus dem Unheil“
• TRUST/CIPBS (Diegelmann/Isermann): „Ressourcenreich und malend durch die Traumabegegnung“
• EMDR (F.Shapiro): „Bilaterale Stimulation der Sinne“
Modul 6 (inkl. Supervisionsfälle):
In diesem Modul soll es neben den weiteren Inhalten nochmals die Möglichkeit geben, eigene Fälle zur Supervision einzubringen, Übungen zu vertiefen und spezifischen Fragestellungen Raum zu geben.
• Brainspotting (D.Grand): „Finde deinen Blick“
• SE (P.Levine): “Der Körper als Erinnerungs- und Ressourcenspeicher”
• Einbringen eigener Fälle, Fragen zu den ersten beiden Modulen und Wiederholungen/weitere
Übungen und Demonstrationen zu den bisherigen Inhalten
Modul 7:
• Systemische Traumatherapie (Hanswille): „Traumabegegnung im (Familien-)System“
• Exkurs: adjuvante Verfahren (traumasensitives Yoga, NET, tiergestützte Therapie, etc.)
• Psychohygiene: „Mir muss es (in der Rolle des Therapeuten) gut gehen, wenn es anderen
schlecht geht“
• Abschluss